Eine hochgradige Innenohrschwerhörigkeit oder gar Taubheit kann leider jeden treffen. Bei manchen ist es ein schleichender Prozess, anderen ereilt ein Hörsturz. Normalhörende können Sprache in einer mäßig lauten Umgebung verstehen, da der Sinn eines Satzes auch verstanden werden kann, wenn nicht jedes Wort erkannt wird (Redundanz der Sprache).

Somit werden Lücken im Sprachsignalfluss überwunden und das Gesprochene wird verstanden. Allerdings ist für Schwerhörige diese Redundanz im Sprachsignal vermindert da Lücken im Gehörten bestehen. Entweder sind Sprachanteile nicht mehr hörbar oder sie sind als Folge des Hörverlusts unvollständig und zerstückelt. Durch Lärm wird das Sprachsignal zusätzlich gestört und die Verständlichkeit nochmals verschlechtert. Als Konsequenz hieraus haben Schwerhörige, im Gegensatz zu Normalhörenden, größere Schwierigkeiten, Gesprochenes im Lärm (Störgeräusch) zu verstehen.

Eine Schlange verirrte sich einmal durch viel Geklüft in die Berghöhle eines Königs. „Wo kommst du her?“ fragte der König. „Aus den Klüften,“ versetzte die Schlange, „in denen das Gold wohnt!“ – „Was ist herrlicher als Gold?“ fragte der König. „Das Licht!“ antwortete die Schlange. „Und was ist erquicklicher als das Licht?“ forschte der König weiter. „Das Gespräch!“ war die Antwort.
J. W. Goethe
(GOETHE, zit. in: Spieß 1995, S. 24)

Normalhörende können durch einen Vergleich zwischen den beiden Ohren Lautheits- und Laufzeitunterschiede im Signal ermitteln und damit die Richtung des Gehörten erkennen. In unterschiedlichsten Situationen des Alltags sind wir auf beide Ohren angewiesen, um uns im Raum zurecht zu finden. Somit ist auch eine einseitige Ertaubung eine höchst belastende Situation.

Die soziale Konsequenz daraus ist, dass die Betroffenen sich immer mehr aus dem Leben zurückziehen. Sie trauen sich nicht mehr alleine außer Haus zu gehen, verzichten auf liebgewonnene Hobbys. Konzerte, Kino oder Theater wurden Jahre nicht mehr besucht, selbst das Familienfest wird zu anstrengend. Zu groß ist Angst wieder nur ein Bruchteil der Gespräche mitzubekommen oder im falschen Moment zu lachen.

Zu wenig Hören ist darüber hinaus extrem anstrengend. Vergleichbar einem Normalhörenden, der mit seinem Schulenglisch versucht in einer New Yorker Kneipe einem Gespräch zu folgen. Nach kurzer Zeit ist man erschöpft und nur noch gering leistungsfähig. Letzteres ist für berufstätige mit einer Schwerhörigkeit sehr belastend und kann sogar die Existenz bedrohen.

Neben dem Betroffenen ist auch die Familie durch die Erkrankung belastet. Sie müssen immer laut und deutlich von Angesicht zu Angesicht sprechen, den lauten Fernseher tolerieren und Informationen aus der Umwelt übersetzen. Zusätzlich wird ständiges Nachfragen als unangenehm empfunden und führt oft zu unterschwelligen aggressivem Verhalten.

Bei Kindern ist diese Situation insofern besonders, da die Hör- und Sprachentwicklung empfindlich leiden kann. Hochgradig schwerhörige oder taube Kinder müssen daher sehr schnell einer Optimalen Therapie zugeführt werden. Eine hochgradige ein- oder beidseitige Schwerhörigkeit ist somit eine Erkrankung, die dringend therapiert werden muss. Nicht nur im Sinne des Erkrankten, sondern auch von Famili-enangehörigen und nicht zuletzt des Berufes und der Gesellschaft. Eine nicht adäquat behandelte Schwerhörigkeit ist sehr viel kostenintensiver als die teuerste Technik.